Immer wieder komme ich mit Menschen ins Gespräch, die von übereifrigen Evangelisten (Christen, die andern Menschen die gute Nachricht (Evangelium) bringen möchten) verletzt oder zumindest unangenehm berührt worden sind.
Ich vermute, dass die Ursache darin liegt, dass manche den Auftrag Jesu, Zeuge für ihn zu sein, nicht richtig verstanden haben. Das Wort Zeuge kennen wir von der Rechtsprechung. In einem Gericht gibt es einen Richter, einen Ankläger, einen Angeklagten, zwei Rechtsanwälte, je einen für die Partei des Angeklagten und die Partei des Anklägers und allenfalls einen oder mehrere Zeugen. Der Zeuge klagt nicht an, noch ist er der Richter, noch der Angeklagte, noch ein Rechtsanwalt.
Die Aufgabe eines Zeugen ist schlicht und einfach, möglichst sachlich und wahrheitsgetreu zu erzählen, was er erlebt hat. Als Zeugen von Jesus ist unsere Aufgabe zu erzählen, was wir glauben und was wir mit Jesus erlebt haben. So legen wir ein Zeugnis für Jesus ab.
In einem evangelistischen Gespräch geht es um eine Beurteilung von Jesus. Es ist eine Art Gerichtsprozess. Der Angeklagte ist Jesus. Der Richter, der für sein persönliches Leben ein Urteil über Jesus fällen muss ist der Mensch, dem der Evangelist das Evangelium erzählt.
Kein Richter schätzt es, wenn der Zeuge ihm vorschreiben will, wie er zu entscheiden hat. Die Entscheidung muss der Zeuge dem Richter überlassen und darf nicht in sein Amt eingreifen. So ist es auch in einem evangelistischen Gespräch. Es ist nicht die Aufgabe des Zeugen, zu überzeugen, sondern nüchtern davon zu zeugen, was er erlebt hat. Überzeugen im Sinne einer Urteilsfällung muss sich der Richter (der Mensch dem das Evangelium vorgestellt wird) selber.
Ein Evangelist soll auch nicht in die Rolle des Anklägers fallen. Immer wieder höre ich Menschen sagen, dass sie von evangelistischen Christen als Sünder angeklagt wurden. Kein Wunder finden solche Gepräche ein frustriendes Ende für beide. Es gehört zwar zu einer vollständigen Vorstellung des Evangeliums der Hinweis auf Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit. Und die Bibel sagt auch klar, dass kein Mensch dem Masstab von Gottes Gerechtigkeit genügen kann. (Siehe Römer 3,23!) Aber es ist ein grosser Unterschied, ob der Evangelist selber in seinem Herzen seinen Gesprächspartner anklagt oder ob der Gesprächspartner im Licht der biblischen Botschaft sich selber als Sünder und Schuldiger vor Gott erkennt.
Ein Evangelist soll auch nicht in die Rolle eines Rechtsanwaltes fallen. Das ist nicht seine Aufgabe. Jesus braucht keine Rechtsanwälte, die mit grosser Redekunst und allenfalls noch mit vielen Tricks ihn verteidigen.
Und schlussendlich soll der Evangelist nicht die Rolle des Angeklagten übernehmen. Es geht nicht um ihn. Es geht um Jesus. Was die Menschen, mit denen er spricht, schliesslich über ihn denken, spielt keine Rolle.
Es ist so entspannend, einfach nur ein Zeuge zu sein. Und meine Erfahrung ist, dass wenn ich in diesem Bewusstsein, ein Zeuge zu sein, von Jesus und meinen Erfahrungen mit ihm erzähle, ich offene Ohren finde.
Zum Schluss noch ein Chançons, dass die Freiwilligkeit des Reiches Gottes betont. Zum freien Willen gehört, dass der Mensch, der das Evangelium hört, darüber entscheidet, ob er es annehmen will oder nicht.
Gottes Rych isch do.
Wenn d’wotsch chasch ine cho.
Es isch nume för die, wo wönd.
Jede cha mache, was er wott.
I entscheide mi för Gott.
Denn Gott macht mis Läbe flott.
Gottes Reich ist da.
Wenn du willst, kannst du hineinkommen.
Es ist nur für solche, die wollen.
Jeder kann machen, was er will.
Ich entscheide mich für Gott.
Denn er macht mein Leben lebenswert.